Präambeln, Einleitungen oder Vorbemerkungen werden Ausführungen genannt, die die Parteien eines Vertrages an den Anfang, vor die "eigentlichen" Vereinbarungen stellen. Gerade wegen dieses einleitenden Charakters werden sie oft für überflüssig gehalten. Weil sie einerseits keine konkreten Rechte und Pflichten der Parteien zu begründen vermögen, andererseits aber eine Grundlage für divergierende Auslegungen des übrigen Vertrages durch die Parteien bilden könnten, so die Kritik, verzichte man am besten ganz darauf.

Daran ist richtig, dass eine Präambel nicht hilfreich sein kann, die versucht, den gesamten Vertrag "in Kurzform" wiederzugeben, oder das zu regeln, was in den nachfolgenden Vereinbarungen nicht oder nicht zur Gänze gelungen ist. Dagegen kann eine Präambel außerordentlich nützlich sein, wenn sie

  • die allgemeine Interessenlage der Parteien festhält,
  • die tatsächliche Situation beschreibt, aus der heraus sich die Parteien zu einer Kooperation entschlossen haben,
  • die rechtliche Ausgangslage aus der Sicht der Parteien fixiert und
  • das Ziel markiert, das die Parteien durch den Vertrag erreichen oder dem sie zumindest näherkommen wollen.

Eine "Präambel" oder "Vorbemerkung", die diesen Kriterien genügt, ohne die eigentlichen Vereinbarungen vorwegzunehmen und ohne diesen zu widersprechen, leistet ein Mehrfaches:

  • Die Vorbemerkung erleichtert das Verständnis des gesamten Vertrages, weil es der Leser gewissermaßen schon beim ersten Paragrafen des Vertrages "nicht mehr mit Unbekannten" zu tun hat; dies hilft insbesondere

    • Dritten, die mit dem Vertrag erstmals in Berührung kommen (Bank, Rechtsanwalt, Steuerberater, Richter usw.), sich schnell in die tatsächliche und rechtliche Situation einzudenken, aber auch
    • den Parteien selbst, wenn etwa nach jahrelanger Kooperation in Vergessenheit geraten ist, warum man "damals" den ein- oder anderen Punkt so und nicht anders geregelt hat.
  • Die Vorbemerkung erleichtert die Auslegung der nachfolgenden Vereinbarungen. Wo immer

    • eine einzelne Bestimmung des Vertrages aus sich heraus nicht eindeutig verständlich ist oder
    • die Parteien zu einer einzelnen Bestimmung miteinander unvereinbare Interpretationen vornehmen,

    kann die Präambel helfen, den Sinn zu ermitteln, den die Parteien dieser Vereinbarung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses beilegen wollten.

  • Die Vorbemerkung kann die Geschäftsgrundlage markieren, auf der sich die Parteien begegnet sind und von deren (Fort-)bestand sie beim Abschluss des Vertrages implizit ausgingen. Ändert sich diese Geschäftsgrundlage später wesentlich oder stellt sich später heraus, dass eine (oder beide) Parteien bereits bei Vertragsschluss im Irrtum über diese Grundlage war(en), kann dies je nach Sachlage

    • einen Anspruch auf Anpassung des Vertrages rechtfertigen,
    • eine Anfechtung wegen Irrtums begründen oder gar
    • zur Auflösung des gesamten Vertrages führen.[2]

Eine mit Sorgfalt formulierte, von beiden Parteien getragene Vorbemerkung ist deshalb bei komplexen Vertragsgegenständen und bei langfristigen Bindungen durchaus empfehlenswert.

[2] Sog. Störung der Geschäftsgrundlage, geregelt in § 313 BGB.

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